Stand August 2023

 

Welche Flächen für neue Siedlungen will der Königswinterer Stadtrat im Regionalplan haben?

Am 20.6.2022 hat der Rat der Stadt Königswinter über den Regionalplanentwurf beraten. In Stieldorf und Vinxel hat der Stadtrat einige Flächen zur Herausnahme empfohlen, andere nicht – die möchte der Rat als Option für neue Siedlungsbereiche behalten. Welche sind das?

Karte zum Download

Die Karte zeigt in rot, welche Flächen in Bonn (Gielgen, Hoholz, Roleber) und Königswinter (Stieldorf, Vinxel, Oelinghoven) im Regionalplanentwurf als neue Siedlungsbereiche stehen. Welche Flächen die Stadträte von Bonn und Königswinter ablehnen, sind mit einem schwarzen Kreuz gekennzeichnet. Bonn verzichtet auf fast alle neuen Siedlungen. Königswinter will riesige neue Siedlungsbereiche, alle im Naturpark Siebengebirge.

Der Eintrag im Regionalplan ist Voraussetzung für eine spätere Bebauung.

KarteRegionalplanRiesenSiedlungsbereicheMai2023 jpeg 

 

Der Beschluss des Rats am 20.6.2022 mit den Stimmen aller Fraktionen (hier die zugehörige Kartenanlage zum Vorgang 387/2021) verdeutlicht seine Position zum Regionalplanentwurf:

Zusammengefasst:

Es wurden explizit insgesamt fast 25 Hektar zur Herausnahme empfohlen. Nicht zur Herausnahme empfohlen und daher implizit vom Rat als Siedlungsbereich unterstützt wurden etwa 32 Hektar. Dieser Umfang ist noch größer als die umstrittenen ISEK-Potenzialflächen (dazu im Folgenden mehr). Eine Fläche in Vinxel (Auf den Steinen) wurde gestrichen und zwei in Stieldorf (Pastorsacker; Nördl und westl. Sportplatz) hinzugefügt.

 

Wird der Bürgerwille nicht beachtet?

ÜBERHAUPT NICHT! Den Bürger*innen waren 27 Hektar neue Siedlungsbereiche im ISEK, der Vorstufe zum Regionalplan, schon viel zu viel. Bei der Bürgerbeteiligung 2017 hatten mehr als 400 Bürger*innen dies schriftlich der Verwaltung, dem Rat und der Öffentlichkeit mitgeteilt.

Der Stadtrat hat 25 Hektar aus dem Regionalplanentwurf zur Herausnahme empfohlen. Die Herausnahme wurde in Gesprächen gern betont, und die Größe der herausgenommen Flächen ist in rot und groß auf der Sitzungsvorlage vermerkt.

Anders verfuhr die Verwaltung mit Informationen über geplante Siedlungsbereiche oder Bebauungspläne. Flächengrößen waren schwer zu finden. Auf den Kartenvorlagen fehlten meistens wichtige Orientierungspunkte, und manchmal fehlte sogar eine Ortsbezeichnung. Wir unterstellen bekanntlich weder Irrtum noch Absicht, aber eins ist klar: In der Schule hätte es dafür Punktabzüge gehagelt!

Zurück zu den Riesen-Siedlungen:

Von den 27 Hektar ISEK-Flächen verbleiben aber nicht etwa 2 Hektar, sondern 32 Hektar im Regionalplanentwurf.   32 Hektar - diesen Gesamtumfang muss man aus verschiedenen ISEK- und Ratsunterlagen zusammensuchen, denn eine Übersicht hat die Verwaltung für die Regionalplanberatung nicht gemacht. Zu unserer Übersicht

 

Nutzt die Verwaltung Taschenspielertricks?

JEIN. Im Wesentlichen ging alles mit rechten Dingen zu:

  • In der Sitzung des Planungsausschusses am 20.2.2019 wurde eine Karte als weitere ISEK-Diskussionsgrundlage beschlossen (einstimmig). Darauf sind die in der Bürgerbeteiligung abgelehnten ISEK- Flächen in Stieldorf und Vinxel mit offenbar neu berechneten insgesamt etwa 29 Hektar.
  • Am 10.6.2020 wurde der Planungsausschuss informiert, welche Flächen im Regionalplanentwurf stehen. In Vinxel und Stieldorf waren es insgesamt fast 55 Hektar. Drin waren die ISEK-Flächen (29 Hektar); Außerdem der Stieldorfer Pastorsacker nun nicht mehr als Gewerbe-, sondern als Siedlungsgebiet (ca 10 ha); Zusätzliche Flächen am Stieldorfer Sportplatz (fast 4 ha); Und auch noch unbebaute Siedlungsbereiche aus dem noch geltenden Regionalplan, die man heute nicht mehr wollte (ca 6 Hektar in Oelinghoven und ca 6 Hektar zwischen Vinxel und Stieldorf, um die Orte voneinander abzugrenzen) Zusammen ca 55 Hektar.

Es gab allerdings keine gute Übersicht. Ob alle Ratsmitglieder den Überblick behalten können, oder ob wenigstens im zuständigen Ausschuß ASUK bei allen Mitgliedern Überblick herrscht, das wissen nur die Betroffenen. Wahrscheinlich ist es nicht. Bürger*innen, die sich in den Ratsunterlagen über die geplanten Siedlungsbereiche übersichtlich informieren wollen, haben dazu sehr wenig Chancen.

Informationsmanagement kann auch eine Art Taschenspielertrick sein. Bürger*innen dürfen klare Information erwarten.

So konnte der Stadtrat am 20.6.2022 fast 25 Hektar -leicht nachvollziehbar-  zur Herausnahme empfehlen und trotzdem -kaum nachvollziehbar-  32 Hektar beibehalten.

Hoppla? 55 minus 25 gleich 32? Wie geht das? Nirgends textlich vermerkt, aber auf unserer Karte zum 50/19 deutlich gemacht, wurden dem Vinxeler Plangebiet 50/19 fast zwei Hektar im Norden hinzugefügt, so dass es nun praktisch bis zum Neuen Hobshof reicht. Das ist ein eindeutiger Taschenspielertrick!

 

Hier unsere Übersicht

Die Übersicht gibt Auskunft,

  • welche Vinxeler und Stieldorfer Flächen in der Bürgerbeteiligung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) 2017 waren (insgesamt etwa 27 Hektar),
  • welche Flächen im Regionalplanentwurf stehen (insgesamt fast 55 Hektar), und
  • welche der Königswinterer Stadtrat als Möglichkeit für künftige Bebauung beibehalten will (insgesamt 32 Hektar)

1 Hektar sind 10.000 qm, oder 100 x 100 Meter.

 

Hat die Stadtverwaltung die Siedlungsbereiche bereits eingeplant ?

JA, als "bis zu"-Option.

Die Verwaltung hat aber mehreren Ratsausschüssen (zuerst ASUK am 24.8.2022, Vorgang 194/2022, Anlage3) eine so genannte "Planungsvariante" vorgelegt, mit genau diesen Flächen, sowie noch nicht bebauten Innenbereichen, plus dem zu beratenden Bebauungsplan  50/18.

Dieses Planungsdokument lag als Grundlage der Kita- und Schulplanung einigen Ausschüssen vor, z.B. zur Entscheidung am 8.3. 2023 über eine neue Vinxeler Kita im Rahmen des Bebauungsplans 50/18 Alter Hobshof/Kapellenweg. Im Januar 2023 war darin eine gravierende Änderung vorgenommen worden: Die Fläche des Planungsbereichs 50/19 war nicht mehr dabei. Damit hat der Rat seine Position zum Regionalplan aber nicht geändert. Man könnte sich die Frage stellen, weshalb dies nicht geschah und was damit bezweckt wird. (Mehr zu diesem heißen Eisen)

Auch brisant: Der in der Planungsvariante vorgestellten Kita- und Schulplanung zufolge könnten ALLE Riesen-Siedlungen bis 2041 schlüsselfertig sein.

 

Mit „bis zu“ wie vielen neuen Bürger*innen wird gerechnet?

So kann man durch Addition aus dem Dokument miett dem Namen "Planungsvariante" von 2022 feststellen, dass die neuen Siedlungen nach Schätzung der Verwaltung 604 Wohnungen ausmachen würden.

Das würde 466 Wohnungen x 2,65 Einwohner je Wohnung = 1.235 Einwohner*innen entsprechen, wenn man 2,65 „EW pro WE“ rechnet, so wie es das speziell für Vinxel 2018 erstellte Verkehrsgutachten handhabt.

Da man aber den Bebauungsplan 50/18 (Alter Hobshof /Kapellenweg) und prioritär Innenbereiche sowie Baulücken auch bebauen möchte, zählt die Verwaltung diese richtiger Weise hinzu. Dann wären es 913 Wohnungen bzw. 2.419 neue Einwohner*innen, die bis 2041 in Vinxel und Stieldorf hinzukommen könnten.

Derzeit leben in Vinxel 1.612 Personen und in Stieldorf 1.145 Personen, zusammen derzeit  2.757 Einwohner*innen.  Bis zu 88 Prozent mehr wären also möglich.

Die Formulierung „bis zu“ wurde in den ISEK-Unterlagen und auch vom derzeitigen Bürgermeister häufig genannt. Eine Beratung oder einen Beschluss über die Siedlungsplanung hat es im Stadtrat bisher nicht gegeben. Sie soll mit der noch nicht terminierten Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes erfolgen.

Wenn der Regionalplan 2024 mit den Ratsempfehlungen verabschiedet wird, können Stadtrat und Verwaltung künftig Bebauungspläne aufstellen, durch die Vinxel und Stieldorf fast verdoppelt werden.

 

Was war nochmal das Wahlversprechen der Königswinterer Wählerinitiative (Köwi)?

Im gewonnenen Wahlkampf 2020 war das Versprechen -natürlich nur mündlich-, sich auf einen einzigen neuen Siedlungsbereich zu beschränken, der eher in Stieldorf hinter EDEKA läge. Den Bebauungsplan 50/19 in Vinxel hatte Bürgermeister Lutz Wagner (Köwi) auch im Stadtrat abgelehnt, als er noch in der Opposition war.

Die Aufhebung des Vinxeler Bebauungsplans 50/19 Westl. u. östl. Holtorfer Str.  war ein Schritt in die richtige Richtung. Aber er ist wenig wert, wenn der 50/19 nicht auch aus dem Regionalplan herausempfohlen wird. Denn wenn diese Fläche im Regionalplan als Siedlungsbereich festgesetzt wird, kann später hier wieder ein Bebauungsplan folgen. Ein Beschluss zur Herausnahme fehlt.

Dass alle Fraktionen -auch die Köwis- zugestimmt haben, dass der zwar aufgehobene Bebauungsplan 50/19 trotzdem in den Regionalplan kommen soll, ist ein sehr schlechtes Zeichen!

 

Wie sind „Riesen-Siedlungen“ definiert? 

Wer hat nach der Definition von Riesen-Siedlungen gefragt? Ein Königswinterer Ratsmitglied. Ohnehin war es nur eine Schein-Frage, denn er war der Ansicht, den Begriff „Riesen-Siedlungen“ gäbe es nicht und er diene nur der Provokation seitens engagierter Bürgerinitiativen. Faktenchecks helfen:

Die in Vinxel und Stieldorf vorgesehenen Siedlungsbereiche wären die Größten in Königswinter. Nur in Oberpleis gäbe es noch eine ähnlich große neue Siedlung. Oberpleis ist mit 4.285 Einwohner*innen der bevölkerungsreichste Ort im Bergbereich und hat viel Infrastruktur. Dort ist ein Schulzentrum mit Bibliothek, das Rathaus und der Busbahnhof, ein Freizeitzentrum mit Freibad u.v.m.  Vinxel und Stieldorf würden zusammen auf bis zu 5.150 Einwohner anwachsen, ohne dass eine solche Infrastruktur angedacht oder realistisch wäre.

Und: Vinxel und Stieldorf zusammen machen ca 6 Prozent der Bevölkerung von Königswinter aus. Die Siedlungbereiche im Regionalplanentwurf machen einen Anteil von ca 25 Prozent der in ganz Königswinter geplanten Siedlungsbereiche aus.

 

Ist unser Verein grundsätzlich gegen Bauen?

NATÜRLICH NICHT. Wir sind gegen die Versiegelung großer Flächen, vor allem im Naturpark. Die Gründe sind bekannt: Klimaerwärmung, Verlust von guten Ackerböden, Verlust von Wasserrückhaltung, und von Biotopverbünden - Ackerland, ob konventionell oder ökologisch bewirtschaftet, ist als Offenland der Lebensraum einer Reihe von Pflanzen und Tieren, zum Beispiel Rotmilane.

Im Siebengebirge kommen der Verlust von Landschaft und Naherholungsmöglichkeiten hinzu. Beide sind nicht irgendein Luxus, auf den niemand Anspruch hat, sondern Landschaft und Naherholung sind in den Naturschutzgesetzen und in der Regionalplanung mit allen ihren Vorschriften verankert.

Unser Verein befürwortet die Vorgaben der Bezirksregierung Köln, die für den Regionalplan zuständig ist. Diese Vorgaben untermauern alle unsere Argumente. Zum Faktencheck Regionalplan

Wer behauptet, dass wir grundsätzlich gegen Bauen sind? Der Bürgermeister von Königswinter hat dies in seinem Ortsgespräch am 28.4.2023 in Vinxel unterstellt.

 

Ist uns "Wohnungsnot egal"?

Wer behauptet das denn? Ein Anonymus schrieb es auf eines unserer Plakate, und ein Ratsmitglied sagte, wir seien egoistisch, denn wir hätten ja eine Bleibe und andere nicht. Ein Bonner Ratsmitglied sagte vor einigen Jahren im Bürgerausschuß, als wir einen Bürgerantrag vorstellten, man solle unsere Häuser doch abbrennen. Beides ist keine sachliche Argumentation, sondern Hetze gegen Menschen mit anderer Meinung. Das darf nicht passieren. Besonders die gewählten Volksvertreter*innen müssen ein gutes Beispiel für alle sein, so schwer es im Eifer des Gefechts manchem oder mancher fällt. Bitte helfen Sie mit, Sachlichkeit und Menschlichkeit zu pflegen und lehnen Sie Negatives über Personen immer ausdrücklich ab! Gute Argumente sind das, was zählt.

Selbstverständlich befassen wir uns mit dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in unserer Region.

Siehe zum Beispiel:

- Mehr bezahlbare Wohnungen für die Bonner Region, ein Positionspapier des Lebenswerte Region Bonn-Siebengebirge e.V.

- März/April 2023  Bonner Umweltzeitung: Bauen im Bestand hat viel Geschichte und noch mehr Zukunft.

- Lesen Sie zu diesem Thema auch den Faktencheck Bauland.

- und den Faktencheck Regionalplan.

 

 

 

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